✧ 13. Juni 2022 ✧
Das Kafi Schnaps gehört zur Biosphäre Entlebuch wie die Kirschtorte zu Zug: Die Entlebucher trinken ihr Kafi nicht nur gerne, sie produzieren es auch selbst. Und das in absoluter Top-Qualität, wie unser Besuch in zwei Betrieben aus der Region beweist.
Die meisten hatten schon mal eine Schnapsidee. Sie wissen schon: Ein vermeintlich genialer, aber vielleicht auch etwas verrückter Einfall, der meist eher früher als später wieder verworfen wird. Auch Priska und Daniel Zemp aus Schüpfheim hatten vor ein paar Jahren eine solche Schnapsidee – und setzten diese kurzerhand in die Tat um. Und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Seit 2019 bietet die Familie Zemp Spirituosen an. Das Angebot reicht vom Äntlibuecher Chrüter, über Apfel- und Birnenbrand, süssem Apfel- und Birnenlikör bis zum Träsch. Bei letzterem handelt es sich um einen ausgeklügelten Mix aus Apfel- und Birnenbrand. Verkauft werden die Spirituosen in verschiedenen Verkaufsstellen der Region sowie direkt im Internet unter – Sie ahnen es vielleicht schon – dieschnapsidee.ch.
Daneben bewirtschaften Daniel und Priska Zemp – mit tatkräftiger Unterstützung ihrer Söhne Robin und Luca – den zehn Hektaren grossen Milchwirtschaftsbetrieb Böslehn 2. Nebst Kühen hält die Familie Mastschweine, Ponys, Esel und sogar Japanische Legewachteln. Arbeit gebe es für die Familie somit auch ohne Schnaps zweifellos genug. Warum also das neue Geschäftsfeld?
«Wie viele andere Landwirte im Entlebuch produzierten auch wir schon immer unseren eigenen Schnaps», erzählen Priska und Daniel Zemp. «Weil in unserem Obstbaumgarten rund 50 Bäume stehen, entschieden wir uns irgendwann, Schnaps in grösseren Mengen zu produzieren und ihn mit dem Label Echt Entlebuch zu zertifizieren.» Geerntet werden die Äpfel und Birnen jeweils im Herbst, wenn sie reif sind und zu Boden fallen. «Erst dann haben sie die nötige Reife und Süsse, die wir für unseren Schnaps brauchen», erklärt Priska. Danach werden die Früchte täglich vom Boden aufgelesen, gewaschen, in Stücke gebröckelt – und anschliessend in Fässern eingelegt, wo sie schliesslich vor sich hin gären.
Die Maische – so nennt man das gegärte Obst – wird im Folgejahr von der mobilen Schnapsbrennerei Bruno Limacher direkt auf dem Hof gebrannt. Schon seit Generationen fährt der Schnapsbrenner im Entlebuch von Betrieb zu Betrieb. Limacher führt den Destillationsprozess traditionell im Kupfertopf durch und feuert diese wie in den vergangenen 100 Jahren mit Holz ein. Wer den Schnapsbrenner bei der Arbeit erlebt, kommt ins Staunen. Ununterbrochen rattert und knattert, dampft und zischt es – und gleichwohl spürt man: Hier ist ein Profi am Werk. Nach dem Brennprozess wird das gewonnene Destillat von der Familie Zemp zu ganz besonderen Obstbränden und Likören veredelt.
«Die Schnapsidee» produziert übrigens das einzige Destillat, das mit dem Label «ECHT ENTLEBUCH» zertifiziert ist. Die Liköre und die Obstbrände aus Schüpfheim gehören aber nicht nur
in der Region zur Spitzenklasse. Die Bestätigung dafür erhielten die Zemps im vergangenen Herbst, als sie mit ihren gebrannten Produkten am renommierten Wettbewerb der Schweizer Regionalprodukte teilnahmen. An dieser besonderen Schweizermeisterschaft traten die Entlebucher gegen nicht weniger als 1177 Produkte aus 20 Kantonen an. Doch siehe da: Der «Äntlibuecher
Chrüter» holte in der Kategorie alkoholische Getränke die Bronzemedaille. Eines der Erfolgsgeheimnisse der Familie Zemp: «Wir verwenden weder Farbstoffe noch künstliche Aromen.» Stolz ist die Familie auch auf die Etiketten auf ihren Schnapsflaschen. «Auf der Suche nach den passenden Etiketten haben wir in unserer Verwandtschaft Hilfe gefunden.» Seither sorgen die Illustrationen von Priskas Nichte Nina Marti für eine unverkennbare Optik auf den Produkten der Familie.
Szenenwechsel. Wer sich im Entlebuch über Schnaps unterhält, kommt früher oder später auch auf das Thema Kaffee zu sprechen. Und auch hier hat die Region so einiges zu bieten. Mit Willy Zemp betreibt der einzige international anerkannte Kaffee-Sommelier der Schweiz seine Mikrorösterei in Doppleschwand. Der 38-Jährige bewegt sich schon seit vielen Jahren in der vielseitigen Welt des Kaffees. «Als Sohn eines Hoteliers kam ich sehr früh in Kontakt mit Kaffee.»
In den vergangenen Jahren war Zemp für Röstereien unterschiedlicher Art und Grösse tätig. Er besitzt ein umfangreiches Know-how in den Bereichen Kaffeeanbau, Röstprozesse und Kaffeezubereitung. «Mit herkömmlichen Kaffeebohnen gebe ich mich nicht zufrieden», betont Zemp. Stattdessen ist er stets auf der Suche nach dem perfekten Kaffee. Seit 2019 produziert er gemeinsam mit seiner Partnerin in seiner kleinen Kaffeerösterei in Doppleschwand Kaffees höchster Qualitätsklasse. Nebst dem Verkauf bietet Willy Zemp in seiner Rösterei Kurse für Interessierte an, die erfahren möchten, wie man einen genussvollen Kaffee mit perfekter Crema zubereitet. Dabei führt er seine Gäste auch in die Geheimnisse seiner Rösterei ein. Zeigt ihnen zum Beispiel, wie und warum die wertvollen Kaffeebohnen in Weinfässern gelagert werden, wie sie daraufhin in schönen Kupfertrommeln geröstet werden – und weshalb eine permanente Qualitätskontrolle so wichtig ist.
Zemps Faszination für Kaffee ist mit jener von Weinliebhabern vergleichbar. Bei der breiten Bevölkerung würden die beiden Produkte jedoch noch völlig unterschiedlich beurteilt, stellt Zemp fest. «Wo die qualitativen Anforderungen beim Wein sehr hoch sind, scheinen diese beim Kaffee überhaupt nicht zu existieren.» Willy Zemp will dies ändern. «Wir wollen unseren Kunden ein Kaffeegenuss bieten, wie wir diesen vom Weingenuss her bereits kennen und lieben gelernt haben.» Was Zemp am Kaffee besonders schätzt, sind die vielseitigen Zubereitungsmöglichkeiten. «Es muss nicht immer ein Espresso sein», sagt der charismatische Typ, der gut und gerne 20 Tassen Kaffee pro Tag trinkt. «Ich liebe Kaffee auch als Cappuccino, Latte-Macchiato, Café Creme oder Eiskaffee.» Und natürlich gönnt er sich ab und zu auch ein echtes Entlebucher Kaffee – denn schliesslich gilt die Region als Urheimat des Schnapskafi.
Für dieses traditionelle Getränk hat er sogar eine eigene Kaffeesorte im Angebot: Unter dem Label «Entlebucher Schwarzes» verkauft Zemp einen «würzigen und kräftigen» Kaffee aus Honduras. «In einer Mischkultur im El Jilguero Nationalpark entfaltet dieser besondere Kaffee zwischen Zitrusfrüchten, Avocado, Bananen und schattenspendenden Bäumen seinen unwiderstehlichen Geschmack», schreibt Zemp auf seiner Website. Und damit nicht nur die Kaffeebohnen, sondern auch das Endprodukt stimmt, zeigt Willy Zemp seinen Besuchern am liebsten gleich selbst, wie man ein echtes Entlebucher Schnapskafi kredenzt. Na dann: Prost!
Rahel & Ron teilen die Freude an kulinarischen Erlebnissen, spannenden Produzenten und packender Fotografie. Gemeinsam sind die beiden für unseren Blog in der Biosphäre Entlebuch unterwegs und erzählen Stories hinter den «Echt Entlebuch» Produkten der UNESCO Biosphäre Entlebuch. Echte Geschichten aus dem Entlebuch. hurrah.ch