✧ 20. Oktober 2021 ✧
Ob einzeln auf der Pirsch, gesellig bei der Treibjagd oder hoch auf der Lauer, gejagt wird nach wie vor voller Enthusiasmus und nicht nur zum Genuss im Entlebuch. Die Jagd ist fester Bestandteil und Brauchtum, welches von Generation zu Generation weitergegeben wird. Für den Einsatz unserer Jäger sagen wir, Weidmann’s Dank!
Als wir uns an diesem Herbsttag früh auf den Weg machten, war uns bereits etwas mulmig. Da wussten wir noch nicht, was uns im Jagd-Revier Entlebuch-Entlenmatt-Rothbach erwarten würde. Auf der Fahrt ins Entlebuch, stieg die Anspannung und gleichzeitig auch die Vorfreude auf ein unvergessliches Erlebnis. Wir werden die Treibjagd im Entlebuch hautnah miterleben. Das an der Seite von Echt-Entlebuch Produzent & Metzger Willi Giger.
Dieses Erlebnis ist für uns ein Selbstverständnis unseres bewussten Fleisch-Konsums, ein Geben und Nehmen wie auch eine respektvolle Anerkennung traditioneller Werte und des damit verbundenen Handwerks. Auch wenn die Jagd von vielen unter Kritik steht, ist sie für den Erhalt der Wälder vor allem nach der Verbannung natürlicher Raubtiere in unseren Wäldern – wie den Luchs und den Wolf – sehr wichtig geworden. Ein Jäger ist nicht mehr nur für’s Schiessen von Wild zuständig, sondern erbringt wichtige Arbeiten für das Gleichgewicht der Wälder wie auch für die Hege von Rehkitz und trägt so zum Schutz und der Pflege unserer Natur bei.
Nach einem Kaffee bei Willi Giger in der Küche fahren wir zusammen zur Jagdhütte. Dort angekommen treffen wir auf eine generationenübergreifende Jagdgesellschaft in klassischer Jagdmontur und euphorischer Vorfreude auf den heutigen Tag. Zur Begrüssung wird das Jagdhorn geblasen, die Jäger wünschen sich Weidmannsheil und der Jagdauftrag mit aktuellen Kontingenten wird vom Vorstand verkündet. Die Strategie wird diskutiert, es werden Gruppen gebildet, Positionen zugeteilt und die Treiber instruiert. Aufbruchstimmung.
Mit dabei ist auch Willi’s Sohn Raphael, der heute als Treiber mit Hund Luna das Wild aus dem Wald treibt. Und so funktioniert die Treibjagd: Ein Trupp lauter Treiber samt schneller Jagdhunde rennt durch den Wald und treibt das Wild aus dem Wald heraus. Am anderen Ende des Waldes stehen strategisch platziert erfahrene Jäger, die auf das Wild warten und bereit sind zu schiessen. Doch es wird nicht auf alles geschossen, was aus dem Wald rennt. Nein. Ein genaues Kontingent an Wild wird befolgt und genauestens protokolliert. Nicht nur der Schuss zählt, sondern auch die Hege und Pflege der Wildtiere.
Fast meditativ sitzt Willi Giger während der Treibjagd auf der Lauer und horcht mit spitzen Ohren bei jedem noch so kleinen Geräusch auf. Es ist ein Geduldsspiel und mitunter auch Teil seiner Faszination Jagd. «Diese ruhigen Minuten in der Natur, während denen ich für mich alleine bin, sind mir genauso wichtig wie der Jagderfolg selber.», sagt Willi und schaut dabei in die Ferne. Von weitem ertönen die Geräusche der Treiber, die gerade genau das Gegenteil von Ruhe erleben.
Beim ersten Anlauf passierte nichts, was aber auch nicht weiter schlimm ist, denn wir haben Zeit. Davon gibt’s bei der Jagd immer genug. Und wenn es mal an einem Jagd-Tag gar kein Wild gibt, ist das auch halb so wild, versichert man uns. Wir merken aber, es packt uns allen doch der Ehrgeiz und wir bereiten uns auf die nächste Runde vor.
Zuerst gibt es aber eine kleine Pause, bei der über die erste Runde, über die laufende Jagdsaison und die Strategie der nächsten Runde gesprochen wird. Es ist Mittagszeit und alle packen ihr Sandwich, Snacks plus andere lokale Entlebucher Leckereien aus. Wir hatten das grosse Glück, dass Willi uns auch etwas mitgepackt hat und wir von seinen Echt Entlebuch Wurstwaren & Trockenfleisch Erzeugnisse probieren konnten.
Nachdem wir alle gut verpflegt und gestärkt waren, haben wir für die zweite Runde Peter Thalmann und seine Kleine Münsterländerin begleiten dürfen. Dabei haben wir viel über den Wald, dessen Gesundheit und den Einfluss der Jagd auf das Gleichgewicht von Flora & Fauna erfahren. Als Förster und Geschäftsinhaber der Entlebucher Wald-Holz GmbH hat er die Entwicklung des Entlebucher Waldes langjährig verfolgt und studiert. «Wir Jäger erhalten vom Kanton den Auftrag das Jagd-Kontingent so genau wie möglich zu befolgen. Das hat wenig mit der Menge des Fleisches für die Gastronomie zu tun, sondern ist eher eine Frage der Waldpflege.», erklärt er uns. Die Jagd-Gesellschaft haftet nämlich für Schäden am Wald, wenn das Schuss-Kontingent langfristig nicht erfüllt wird. Jungtriebe werden vom Wild gegessen, Baumrinden verletzt und könnten so Krankheiten ausgesetzt sein. Die Jäger achten auf ein gesundes Equilibrium des Wildbestandes in ihrem gepachtetem Stück Wald. Auch hier ist es ein Geben und Nehmen im Einklang mit der Natur.
Auch bei der zweiten Runde bleibt das Jagdglück weg und wir machen und bereits Gedanken, ob das Wild uns zwei Städter bereits von Ferne gewittert hat. Wäre ja schade, wenn wir ohne Erfolg die Jagdgesellschaft zurücklassen müssten. Dann fällt Obmann Urs Studer die Entscheidung: «Es gibt eine dritte Runde.». Die Treiber, sichtlich erschöpft, sammeln nochmals ihre ganze Energie und machen sich auf den Weg zu einem anderen Waldabschnitt. Wir folgen Urs Studer zu einer ruhigen Waldlichtung oberhalb eines starken Gefälles.
Dort passiert etwas. Urs hält den Finger hoch und haltet uns an, ruhig zu sein. Brechende Äste ertönen. Wir sehen nichts. Urs ist sich sicher, dort ist etwas. Er macht lautlose Schritte nach vorn. Unser Puls ist spürbar. Plötzlich passiert es: Ein Schuss. Nicht von Urs, sondern von weiter weg. Wir schauen uns an und Urs hat ein Lächeln auf den Lippen. Wir erfahren über Telefon, dass ein Glücksschuss fiel. In letzter Sekunde vor Ende der Treibjagd sprang ein Reh aus dem Wald und Marc Kalbermatten schoss. Ein perfekter Schuss, wie wir danach erfahren werden. Alle guten Dinge sind wohl auch hier drei. Wir packen alles zusammen und fahren zum Treffpunkt. Dort sehen wir wie der glückliche Schütze mit seinem geschossenen Reh den Berg hinaufsteigt – ein Reh hat ein ziemliches Gewicht und das merkt man.
Wo lässt es sich besser Wild geniessen als in unmittelbarer Nähe der lokalen Wälder? Genau. Im Entlebuch, wo sich Fuchs und Reh gute Nacht sagen, Wald und Mensch im Einklang mit der Natur leben und der Metzger als Teil der Jagdgesellschaft die Entlebucher Gastro-Partner beliefert. Wir durften Willi Felder vom Restaurant Bahnhöfli bei der Zubereitung seiner Wild-Spezialitäten über die Schultern blicken und einem lokalen Gastronomen mit Ehrfurcht über lokale Produkte in der Küche begleiten.
Während dem Besuch bei Willi Felder im schönen, modern umgebauten Restaurant haben wir einige clevere Kniffs und Tricks bei der Zubereitung von Wild mitbekommen, wie das dezente Würzen und Anbraten der Filets auf sehr sehr heisser Platte mit Rosmarinzweigen, um den Eigengeschmack des Wilds noch stärker zu betonen. Bei Willi im Bahnhöfli Entlebuch findet ihr nicht nur Wild, sondern auch ausgeklügelte Menüs unterschiedlichster Einflüsse umgesetzt mit lokalen Produkten. Auf jeden Fall ein Besuch wert.
Rahel & Ron teilen die Freude an kulinarischen Erlebnissen, spannenden Produzenten und packender Fotografie. Gemeinsam sind die beiden für unseren Blog in der Biosphäre Entlebuch unterwegs und erzählen Stories hinter den «Echt Entlebuch» Produkten der UNESCO Biosphäre Entlebuch. Echte Geschichten aus dem Entlebuch. hurrah.ch