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Wer hat’s erfunden?
Die Kräuterpioniere!

✧ 10. Dezember 2021 ✧

Schon seit Jahrhunderten werden im Entlebuch Kräuter als wertvolles Heil- und Genussmittel geschätzt. Dank einigen mutigen Pionieren erfreuen sich Menschen aus dem ganzen Land über die Schätze aus der Biosphäre Entlebuch. Für Rahel & Ron Grund genug, selber in das Entlebucher Kräuterparadies einzutauchen.

In den Teemischungen von «Echt Entlebuch» sind ausschliesslich Kräuter aus der Region drin – echt Entlebuch, halt.

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Dieser Duft! Was für ein Erlebnis für die städtische Nase! Als wir die Produktions- und Lagerräumlichkeiten der Kräutergenossenschaft Entlebuch betreten, können wir nicht anders: Wir müssen inne halten und mehrere tiefe Atemzüge nehmen. In der Luft liegen die unterschiedlichsten Düfte. Minze, Lindenblüten, Hagebutten, verschiedene Beeren, Melisse – und sogar Hanf. Haben wir hier etwa einen geheimen Schatz entdeckt? «Einen Schatz mit Sicherheit, doch geheim ist er zum Glück nicht», sagt Pia Bieri und lacht. Seit 2014 organisiert und bewirtschaftet die 56-Jährige das Lager im Businesspark Aentlebuch. Die Kräuter, die hier in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof lagern, wurden von rund 15 Entlebucher Kräuterproduzten mit viel Handarbeit und noch mehr Herzblut angepflanzt und geerntet. In den 15 Kilo schweren und bis oben gefüllten Papiersäcken schlummern rund 30 verschiedene Kräuter. Und so manche davon stammen direkt aus dem Kräutergarten von Pia Bieri und ihrem Mann Fritz.

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Maske hin oder her: Claudia Riedweg freut sich stets aufs Neue über die Düfte im Kräuterlager. «Ach, wie das duftet!», war auch unser erster Satz.

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Von der Ernte bis zum Versand: Im Entlebuch ist alles Handarbeit. Auch die regelmässige Qualitätskontrolle gehört zur Aufgabe der Kräuterbauern.

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Im Lager, mit den bis oben gefüllten Papiersäcken, schlummern rund 30 verschiedene Kräutersorten.

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Die Entlebucher schätzen die Kräuter als
Heil- und Genussmittel

Das Entlebucher Kräuterparadies ist eine echte Erfolgsstory. Und das nicht erst seit gestern. Am 11. Dezember 1986 wurde die Genossenschaft Entlebucher Kräuter von einigen Pionieren aus der Region gegründet – darunter auch Toni Moser, der seit Anfang an als Aktuar dabei ist. Pioniere waren die innovativen Entlebucher deshalb, weil damals in der ganzen Schweiz noch kaum jemand Erfahrung mit professionellem Kräuteranbau hatte. Im Entlebuch war das anders: Kräuter haben hier eine lange Tradition. «In der Bevölkerung ist seit vielen Jahrhunderten ein grosses Wissen um die Anwendung von Kräutern in der Küche und als Heil- und Genussmittel vorhanden», weiss Toni Moser. Heute werden die Felder sorgfältig nach biologischen Richtlinien gehegt und gepflegt, die Pflanzen mit einem Handmäher geschnitten, schonend mit Hilfe von Sonnenenergie getrocknet, schliesslich von Hand gemischt und verpackt. Rund vier Fünftel der Ernte gehen an Ricola. «Das Unternehmen unterstützt uns schon seit vielen Jahren und trägt massgeblich zum Erfolg unseres Betriebs bei.» Für die Sammler und Produzenten lohnt sich das Engagement: Sie verkaufen ihre Produkte an die Genossenschaft und erhalten dafür einen fix vereinbarten, fairen Kilopreis.

 

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Toni Moser ist schon seit der Gründung der Genossenschaft Entlebucher Kräuter im Jahr 1986 dabei. Kräuter sind und bleiben seine Leidenschaft.

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Toni Moser befüllt hier die «Entstielungsmaschine» mit der neuen Lindenblüten-Kräuterlieferung.

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Auch hier ist alles Handarbeit. Sortiert werden die Kräuter höchstpersönlich von Toni.

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Die Sortierung der Kräuter findet schonend mit einer eigenen Umluftmaschine statt – Stiele nach links und Kräuter nach rechts.

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«Die Arbeit ist schweisstreibend, aber nie ermüdend»

Zeit für einen Ortswechsel. Wir möchten herausfinden, was es bedeutet, selber Kräuter herzustellen. Dafür fahren wir nach Finsterwald. Hier, auf 1100 Metern, haben Sabrina Renggli, hauptberuflich Mami, und ihr Mann Peter, Chauffeur, auf acht Aren ein Feld gepachtet, auf dem sie mehrere Kräuter anbauen. 2019 haben sie mit Zitronenmelisse begonnen, später kamen Minzen und Brennnesseln hinzu. «Die Melisse haben wir mittlerweile gestrichen, weil der eher feuchte Standort für diese Pflanze nicht optimal war», erklärt Sabrina. «Die Minzen hingegen lieben diesen Boden. Die Kräuter hören gar nicht mehr auf zu wachsen», sagt die junge Frau und strahlt. Sie ist glücklich über diesen Nebenerwerb – und das nicht nur, weil sich die Arbeit auch finanziell auszahlt. «Sobald ich bei meinen Kräutern bin, sind alle Gedanken und Sorgen des Alltags weit weg.» Die Arbeit sei zwar schweisstreibend und intensiv, aber nie ermüdend. «Obwohl es eine strenge Arbeit ist und wir ständig buckeln und jäten, möchte ich nicht mehr darauf verzichten.» Die Tätigkeit gebe ihr ein besonderes Gefühl der Freiheit. «Es ist dieses Gefühl, auf dem eigenen Boden etwas eigenes zu Erschaffen. Und damit auch noch anderen Menschen eine Freude zu bereiten. Besser geht’s fast nicht!»

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«Dieses Gefühl, auf dem eigenen Boden etwas eigenes zu Erschaffen.» – Sabrina Renggli kümmert sich mit viel Liebe und Leidenschaft um ihre Kräuter.

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Die Arbeit auf dem Kräuterfeld ist zwar streng, aber erfüllend.

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«Wenn man gut zu Ihnen schaut, wachsen die Kräuter fast von alleine.»

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Je nach Kräutersorte gibt es bis zu vier Ernten pro Saison.

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Mehrere Ernten pro Jahr

Der wichtigste Faktor, ob es ein gutes oder ein schlechtes Kräuterjahr wird, ist das Wetter. In der Regel gilt: Je mehr Sonne und Wärme, desto besser. Besonders empfindlich reagieren die Setzlinge auf starke Niederschläge oder gar Hagelkörner. «Die Pflänzchen sind so zart, dass es nicht viel leiden mag.» Umso wichtiger sei es deshalb, dass man gut zu den Kräutern Sorge trage. «Wenn man gut zu ihnen schaut, wachsen sie fast von alleine.» Sabrina Renggli und ihr Mann Peter beginnen jeweils im Frühling, die Setzlinge anzupflanzen. Zunächst wird der Acker mit einer gewobenen Folie belegt. Im Abstand von jeweils 25 Zentimeter wird die Folie kurz vor dem Bepflanzen gelocht. Ende Mai werden die Jungpflanzen einzeln von Hand gepflanzt, anschliessend wird das Kräuterfeld mit Flies gedeckt. Nach jedem Schnitt wird das Feld wieder mit Flies bedeckt, damit die Feuchtigkeit und Wärme die Pflanzen optimal gedeihen lassen. Drei bis vier Mal werden die Kräuter mithilfe eines tragbaren Mäherbalkens während des Sommers gemäht. Dank eines Gebläses fällt das Mähgut – die schönen Kräuter – direkt in den angehängten Sack. Nachdem die Kräuterbauern ihre Ernte «im Sack» haben, bringen sie die frischen Kräuter in die gemeinsame Trocknungsanlage auf dem Hof Widen auf der Rengg zum Trocknen. Seit die Betreiberfamilie Renggli vor einigen Jahren auf ihrem Dach eine Photovoltaik-Anlage installiert hat, werden die Kräuter mit erneuerbarer Energie schonend getrocknet.  «Zu wissen, dass die eigenen Kräuter in den Ricola Bonbons oder in den Teemischungen unter dem Label Echt Entlebuch zu finden sind, ist ein tolles Gefühl», betont Sabrina Renggli.

 

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Die frischen Kräuter werden mithilfe eines tragbaren Mäherbalkens gemäht und gesammelt.

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Hinter jeder Ernte stecken starke Kräuterbauern: Sabrina und Peter Renggli sind ein eingespieltes Team.

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Wie viele Teemischungen wohl gerade an dieser Gabel hängen?

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Vier Fünftel der Kräuter wird an Ricola geliefert. Sehr wahrscheinlich ist also genau dieses Pfefferminzblatt in deinem nächsten Ricola-Kräuterbonbon.

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Auch dank Corona: Die Nachfrage nach Entlebucher Kräutern steigt

Bevor wir uns auf den Heimweg machen, schauen wir noch einmal bei Pia Bieri im Kräuterlager vorbei. Gemeinsam mit ihrer Stellvertreterin Claudia Riedweg sowie weiteren Produzenten ist sie dabei, Teemischungen abzufüllen, Etiketten anzukleben und die Produkte transportbereit zu machen. «Es gibt wie immer viel zu tun», lacht Pia. «Und – Gott lob – es wird je länger je mehr.»  Gerade in den vergangenen beiden Jahren habe die Nachfrage nach den Entlebucher Kräutern zugenommen. «Während der Coronazeit hatten die Leute viel Zeit zum Nachdenken.» Dabei hätten sich viele Leute auch Gedanken über ihr Konsumverhalten gemacht und Tee trinken passt wohl ganz gut dazu. «Viele Menschen wollen heute wissen, wo ihre Produkte herkommen und wie diese hergestellt wurden.» Als regionaler Anbieter qualitativ hochstehender Produkte profitiert auch die Kräutergenossenschaft Entlebuch von dieser Entwicklung. Noch reiche der Platz im Businesspark Aentlebuch. «Schliesslich können wir ja auch nur so viele Kräuter verkaufen, die unsere Bauern produzieren.»

 

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2009 hat die Kräutergenossenschaft Entlebuch eine Teebeutelmaschine angeschafft. Voller Stolz zeigt mir Claudia, wie sie funktioniert.

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Auch in den Teebeuteln gibt es nur einen einzigen Zusatzstoff: Sehr viel Liebe!

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Die Bereitstellung der Teemischungen stellt für die Kräuterbäuerinnen & Kräuterbauern einen willkommen Zusatzverdienst dar.

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Die Entlebucher Kräuterbauern tüfteln immer wieder an neuen Teesorten – darunter zum Beispiel ein Hanf-Apfel-Tee.

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Keine Frage: Wer einmal eine Tasse Tee mit einer Mischung aus der Biosphäre Entlebuch kostete, wird so schnell wohl nicht auf eine gewöhnliche Standardmischung aus einer anonymen Grossfabrik zurückgreifen. Auch wir lassen uns vor der Heimfahrt noch einige Teemischungen einpacken. Zum Abschluss unseres Besuchs im Entlebuch gönnen wir uns zudem nochmals eine Nase voller Kräuter. Mhmm, riechen Sie das auch?

Die fertigen Teemischungen werden verpackt und an die Kunden in der ganzen Schweiz verschickt. Unser Fazit: Muss man probiert haben!

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Autoren

Rahel & Ron teilen die Freude an kulinarischen Erlebnissen, spannenden Produzenten und packender Fotografie. Gemeinsam sind die beiden für unseren Blog in der Biosphäre Entlebuch unterwegs und erzählen Stories hinter den «Echt Entlebuch» Produkten der UNESCO Biosphäre Entlebuch. Echte Geschichten aus dem Entlebuch. hurrah.ch